Dienstag, 2. Juni 2009

Fragen an das Marketing

Ist die Krise noch zu retten?

Die Frage „Sollen wir in der Krise aktuell überhaupt Werbung machen? Bringt uns das was?“ wurde und wird in den letzten Monaten sicher sehr häufig in den Unternehmen gestellt. Gleich daran anschließend könnte der CEO seinen Marketingleiter gefragt haben „Wieviel können wir im Marketingetat einsparen?“. Wenn er nicht sogar sowieso schon eine Zielvorgabe vorgegeben hatte.



Warum jetzt Etats gekürzt werden? Weil es einfach ist, im Jahresplan die Beträge selbst bis zu 50% zu kürzen. Und weil es kurzfristig ergebniswirksam ist. Das hat einen gewissen Charme. Aber eigentlich ist das Marketing ja nicht das Problem, sondern die Entwicklungen am (Finanz)Markt. Und der Markt besteht – wenn auch stark verändert – weiter.

Der Kunde sucht seine für ihn vorteilhaften Produkte. Und auch der Wettbewerber will in der Krise bestehen. Dieser hat dann gute Karten, wenn er in einer Rezession seine Marketing-Chance sucht, um sich zu relativ günstigen Kosten mehr Marktanteile oder Imagevorteile beim Kunden zu verschaffen. Das gelingt ihm dann, wenn seine Konkurrenten ihre Marketingaktivitäten in der Krise verringert haben.
Daher sind die Fragestellungen nach Werbung und Etats berechtigt, allerdings zu allgemein formuliert. Und die pauschale Antwort „Jetzt erst recht!“ hat zwar den Charme des Optimismus, beantwortet aber auch nicht die Frage nach dem „Was“ und „wieviel davon“.

Auch in der Krise: Klare Zielsetzungen, Kontinuität und Flexibilität

Die richtige Antwort zu finden ist zugegebenermaßen für jedes Unternehmen eine Herausforderung. Denn sie bedarf einer differenzierteren Fragestellung in einer außergewöhnlichen Situation, die von Unsicherheit und unvollkommenen Informationen geprägt ist. Aber was bisher galt sollte auch jetzt gelten: Das Unternehmen in der Krise hat sich über seine Zielsetzungen klar zu sein. Kontinuität zu bewahren und nicht alles über Bord zu werfen, ist sicher grundsätzlich richtig. Aber Dinge zu überdenken, Mitarbeiter besser einzusetzen, Produkte ständig zu verbessern oder neu zu entwickeln, Prozesse zu optimieren sind mehr denn je gefragt. Sind der Vertrieb oder die Kundenbetreuung nicht klar aufgestellt, können Sie sich die Werbeausgaben sparen.

Im nächsten Schritt gilt es – soweit möglich – zu bestimmen, ob die geplanten Mittel zur Zielerreichung auf fruchtbaren Boden treffen werden. Ist das aktuell weniger der Fall, kann daraus dann auch ein reduzierter Etat entstehen. Aber umgekehrt sollten sich die Zielsetzungen nicht am reduzierten Etat ausrichten. Bei zurückhaltenden Kunden sollte die Rechtfertigung für einen Kauf mitgeliefert werden. Flexibilität und Agilität im Verkauf müssen neue Kaufanlässe schaffen.

Das Konsumklima der Verbraucher in Deutschland ist weiterhin konstant wenn auch auf niedrigem Niveau, die deutsche Wirtschaft erlebt allerdings heftige Einbrüche. Im B2B-Geschäft riss der Auftragseingang gleich zu Krisenbeginn ab und bedroht ganze Wirtschaftszweige. Es ist, wie mir ein Kunde sagte, als hätte jemand auf die große „Pause-Taste“ gedrückt. Wer jetzt allerdings den Strom abschaltet – also keine (Werbe)aktivitäten mehr am Markt betreibt – hat schlechte Karten wenn der Kunde wieder die „Start-Taste“ betätigt. Dann aber beim Mitbewerber, weil dieser sich besser im Kopf des Verbrauchers verankert hat oder flexibler auf die geänderten Markterfordernisse reagiert hat.

Szenarien entwickeln

Die Krise kommt beim privaten Endverbraucher möglicherweise zeitversetzt an. Und zwar dann, wenn nach den Sommerferien und nach Wahlterminen die Unternehmen in Deutschland statt Kurzarbeit klare Schnitte beim Personal vornehmen oder Arbeitnehmer mehr Zugeständnisse beim Lohn machen müssen. Zum Beispiel weil sich die Auftragslagen in den Betrieben zum Jahresende nicht nachhaltig verbessert haben.

Auf diese Szenarien gilt es sich einzustellen. Wer sich jetzt schon starken Preisanpassungen hingibt, dem fehlt später jeglicher Handlungsspielraum falls das Konsumklima sich verschlechtert und Kunden auf günstigere Angebote (Down Trading) umsteigen müssen. Bei den Preisen ist eine Teuerungsrate von 0,0 % und damit die Schwelle zur Deflation erreicht. Steigt die Arbeitslosigkeit oder werden weiter sinkende Preise erwartet, führt das wiederum zum Verschieben von Käufen.
Wer neue Produkte (Variationen, Line Extensions) vorbereitet und die kompetenten Mitarbeiter fördert hat die besten Voraussetzungen geschaffen, wenn der Markt wieder positiver reagiert.

Messbare und ergebnisorientierte Marketingmaßahmen sind gefragt

Ein Trend zu eher direkt messbaren und eher absatzorientierten Marketingmaßnahmen ist schon zu erkennen. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) meldet für das erste Quartal in 2009 ein Plus von 11,9% der Online-Werbung im Vergleich zum Vorjahr.

Die Formen klassischer Werbung in TV, Print oder Funk haben sich nur wenig verändert. Dagegen haben die Onlineanbieter aus vergangenen Fehlern gelernt und sich mit Blick auf die Bedürfnisse und die Webaktivitäten ihrer Nutzer weiterentwickelt.
Ein Trend sicherlich ist längst das Thema Bewegt-Bild-Kommunikation im Internet. Im vergangenen Jahr ist der Einsatz von Video-Werbemitteln um rund 236 Prozent angestiegen. Immer neue Werbeformen lassen diesen Werbekuchen weiter wachsen und immer neue Internet-angebote buhlen um Anteile in den Marketingetats.

Diese Entwicklung allerdings ist nicht nur der Krise zuzuschreiben sondern einer Umverteilung, die sich seit Jahren darstellt und dem ständigen Prozess der Effizienzsteigerung der Marketingausgaben gerecht wird. Aber eine Adwords-Anzeige alleine macht noch keine Kampagne. Online braucht immer auch eine klassische Komponente. Die Spielfelder Social Media oder Mobile Marketing sind verlockend, aber auch noch wenig erkundet und damit sicher risikoreicher.

Below-the-Line Maßnahmen, vertriebsorientierte Werbung und Direktmarketing sind auch unter Kostendruck in Krisenzeiten erfolgversprechende Instrumente. Auch eine gelungene PR-Aktion kann relativ günstig und schnell Wirkung zeigen. Weiterer Vorteil: PR ist glaubwürdig und in Zeiten der Verunsicherung besonders angebracht. Vielleicht sind vertrauensbildende Maßnahmen überhaupt ein Schlüsselthema. Auch die Kundenbindung und Ausschöpfung der Potentiale bestehender Kundenverbindungen lassen größere Erfolge vermuten als die alleinige Neukundensuche.

Wer Marketingausgaben senkt, sollte dabei auf Qualität und Kreativität seiner Werbung achten. Mit innovativen Ideen kann man gerade auch in Krisenzeiten etwas bewegen. Positive und überraschende Ideen fallen in auch in gedrückter Stimmung mehr auf.
Und wenn es um innovative Ideen, effiziente Maßnahmen und vernetztes Marketing geht, sind Sie bei uns auch in der Krise an der richtigen Adresse.

Ralf Schmitt, Geschäftsführer Haag Marketing & Design
www.haag-marketing.de